Der Eid des Hippokrates-Relief
Hippokrates von Kos, 460 – 370 v. Chr., der bedeutendste Arzt des klassischen Altertums, Sproß einer alten Arztfamilie,
die ihren Stammbaum auf den Heilgott Asklepios zurückführte, war der Begründer der wissenschaftlichen Medizin. Mit der hippokratischen Medizin vollzog sich die Abkehr von religiös-magischen Vorstellungen und die Hinwendung einer rationalen Erklärung aller die Gesundheit und Krankheit des Menschen betreffenden Vorgänge. Krankheiten galten nicht mehr als gottgesandt, sondern als durch erklärbare Ursachen, z. B. Umwelteinflüsse, bedingt.
Seine These der Säftelehre wirkte in leicht modifizierter Form bis in das 19. Jahrhundert hinein.
Ihre Aufgabe sahen die hippokratischen Ärzte darin, im Krankheitsfall das im menschlichen Organismus begründete Streben nach Wiederherstellung der Gesundheit (Physis) zu unterstützen. Genaue Beobachtung am Krankenbett und das Eingehen auf die individuelle Physis jedes Patienten leisteten ihnen hierbei wertvolle Hilfe („Prognostikon“). Ihre therapeutischen Maßnahmen beschränkten sich im wesentlichen auf diätetische und naturheilkundliche Verordnungen. In der Chirurgie wurden insbesondere knochenchirurgische Eingriffe vorgenommen.
Unter den hippokratischen Schriften ist der Text eines Eides überliefert, der bei den Heilgöttern Apollon, Asklepios, Hygieia und Panakeia geschworen wurde. Am Schluß dieses Eides sind Vorschriften über das ärztliche Handeln niedergelegt, die mit geringfügigen Änderungen seit der Antike als ethische Grundlagen des Arztberufes gelten konnten.
Der hippokratische Eid
„Ich schwöre und rufe Apollon, den Arzt, und Asklepios und Hygieia und Panakeia und alle Götter und Göttinnen zu Zeugen an, dass ich diesen Eid und diesen Vertrag nach meiner Fähigkeit und nach meiner Einsicht erfüllen werde.
Ich werde den, der mich diese Kunst gelehrt hat, gleich meinen Eltern achten, ihn an meinem Unterricht teilnehmen lassen, ihm, wenn er in Not gerät, von dem Meinigen abgeben, seine Nachkommen gleich meinen Brüdern halten und sie diese Kunst lehren, wenn sie sie zu lernen verlangen, ohne Entgelt und Vertrag. Und ich werde an Vorschriften, Vorlesungen und aller übrigen Unterweisung meine Söhne und die meines Lehrers und die vertraglich verpflichteten und nach der ärztlichen Sitte vereidigten Schüler teilnehmen lassen, sonst aber niemanden.
Ich werde ärztliche Verordnungen treffen zum Nutzen der Kranken nach meiner Fähigkeit und meinem Urteil, hüten aber werde ich mich davor, sie zum Schaden und in unrechter Weise anzuwenden.
Auch werde ich niemandem ein tödliches Gift geben, auch nicht, wenn ich darum gebeten werde, und ich werde auch niemanden dabei beraten; auch werde ich keiner Frau ein Abtreibungsmittel geben. Rein und fromm werde ich mein Leben und meine Kunst bewahren.
Ich werde nicht schneiden, sogar Steinleidende nicht, sondern werde das den Männern überlassen, die dieses Handwerk ausüben.
In alle Häuser, in die ich komme, werde ich zum Nutzen der Kranken hineingehen, frei von jedem bewussten Unrecht und jeder Übeltat, besonders von jedem geschlechtlichen Missbrauch an Frauen und Männern, Freien und Sklaven.
Was ich bei der Behandlung oder auch außerhalb meiner Praxis im Umgange mit Menschen sehe und höre, das man nicht weiterreden darf, werde ich
verschweigen und als Geheimnis bewahren.
Wenn ich diesen Eid erfülle und nicht breche, so sei mir beschieden, in meinem Leben und in meiner Kunst voranzukommen indem ich Ansehen bei allen Menschen für alle Zeit gewinne; wenn ich ihn aber übertrete und breche, so geschehe mir das Gegenteil.“
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